Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern in der Familie und im Bildungsbereich
Wünscht du dir eine Atmosphäre mit deinen Kindern zu schaffen in der jeder zählt, in der sich jeder gesehen und gehört fühlt?
Mit der „Gewaltfreien Kommunikation” lernst du wie du friedlicher und zielführender mit den Kindern kommunizieren kannst und deine Chancen erhöhen kannst, dass alle am Ende das bekommen, was sie glücklich macht.
Wir zeigen dir in diesem Artikel die vier Schritte der Methode, praktische Beispiele und alles Weitere, was dir helfen kann!
Was ist Gewaltfreie Kommunikation?
Die „Gewaltfreie Kommunikation” (GFK) wurde von Marshall Rosenberg entwickelt. Dieses Handlungskonzept kann grundsätzlich überall angewendet werden, wo man den Umgang und die Kommunikation im Miteinander verbessern will z.B. in der Arbeit, in der Politik, im Privaten etc. Sie hilft empathisch miteinander in Verbindung zu treten und die Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen.
Wichtigste Erkenntnis -
Jeder Mensch versucht sich mit seinem Verhalten seine Bedürfnisse zu erfüllen.
Wenn #Kinder schreien, beißen, kratzen oder andere unerwünschte Verhaltensweisen an den Tag legen, dann mache dir bewusst, dass sie sich nicht absichtlich so verhalten, um dich zu provozieren. Sie handeln deshalb so, um auf ein unerfülltes Bedürfnis von sich selber aufmerksam zu machen und gesehen zu werden.
Niemand würde auf die Idee kommen, ein Babyschreien als Provokation zu werten. Vielmehr würden wir uns auf die Suche machen, welches Bedürfnis der Säugling hat - hat er Hunger, eine nasse Windel, ist er müde oder will er einfach gerade Nähe und Zärtlichkeit?
Bei einem brüllenden Kleinkind wird das Einfühlen in dessen Bedürfnislage schon schwieriger, da man sich eventuell überfordert oder verärgert fühlt. Aber auch ein Kleinkind braucht noch viel Unterstützung beim Erfüllen seiner Bedürfnisse und kann meist noch nicht selber aussprechen was es gerade braucht wie beispielsweise Schlaf, Nähe, Essen. In dem Fall braucht es ebenfalls Einfühlungsvermögen unsererseits.
Anstatt uns also über die Verhaltensweisen der anderen zu ärgern und sie automatisch als Angriff oder Provokation zu sehen, lehrt uns die GFK erstmal die Bedürfnisse des anderen zu hinterfragen.
Dies hilft uns die Lage neu zu bewerten und lösungsorientierter zu agieren.
Wie genau funktioniert die GFK? Welche vier Schritte gibt es?
Wie bereits erwähnt spielen in der GFK die Bedürfnisse eine große Rolle. Aber nicht nur die Bedürfnisse der anderen, sondern vor allem unsere eigenen Bedürfnisse stehen im Fokus. Die GFK soll dir dabei helfen, so zu kommunizieren, dass du deine eigenen Bedürfnisse erfüllen kannst, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse anderer.
Dies passiert über folgende 4 Schritte:
Beschreibung der Situation - Was habe ich wahrgenommen?
Gefühlslage mitteilen - Wie geht es mir?
Bedürfnisse ausdrücken - Was brauche ich?
Bitte formulieren - Welches konkretes Verhalten wünsche ich mir von dir?
Zuerst drückst du deine Wahrnehmung aus, also die Beobachtung des Verhaltens einer anderen Person. Dann beschreibst du der anderen Person, welches Gefühl ihr Verhalten bei dir auslöst. Es folgt die Benennung deiner Bedürfnisse und welches Verhalten du dir von der anderen Person wünscht.
Um sich in die Gefühls- und Bedürfnislage von dir und anderen einzufühlen, braucht es Empathie.
Zunächst einmal üben wir uns darin unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse festzustellen mittels Selbstempathie. Wenn uns dies gelingt, dann sind wir auch bereit uns in andere Menschen einzufühlen - Fremdempathie.
Bsp.:
Dein Kind will, dass du ihm im Garten hilfst die große Gießkanne mit Wasser zu befüllen, du bist aber gerade in einem Gespräch mit deiner besten Freundin verwickelt und hast das Bedürfnis dieses noch nicht zu beenden.
„Ich sehe, du willst, dass ich dir helfe das Wasser in die Gießkanne zu füllen.
Ich fühle mich dazu gerade unmotiviert,
weil ich mich gerade mit meiner Freundin unterhalten möchte.
Ich bitte dich probiere es mal alleine.“
Bei der GFK geht es aber keineswegs darum, dem anderen den eigenen Willen aufzuzwingen.
Das bedeutet, dass das Kind auf deine Bitte mit einem "Nein" antworten kann. Wenn es das tut, kannst du wiederum die Gefühle und Bedürfnisse deines Kindes genauer hinterfragen.
Doch du wirst sehen, indem du nun deine Gefühle, deine Bedürfnisse und eine konkrete Bitte formulierst, wird sich etwas verändert. Durch diese Herangehensweise, gibst du deinem Kind nämlich genaue Erklärungen und dies wird die Bereitschaft zur Erfüllung deiner Bedürfnisse erhöhen.
Weiters lernt dein Kind nun auch selbst seine eigenen Gefühle zu erkennen und welche Bedürfnisse dahinter stecken und was es braucht um diese zu stillen.
Was genau hinter den 4 Schritten steckt
1. Beschreibung der Situation
Im ersten Schritt der GFK beschreiben wir das Verhalten des Kindes. Dies sollen wir neutral und frei von Bewertungen formulieren.
So nicht: „Jetzt hast du schon wieder vergessen deine Schuhe ins Schuhregal zu stellen.“
So gehts: „Ich sehe deine Schuhe liegen in der Garderobe auf dem Boden."
Bei der ersten Aussage vermischen wir das, was wir objektiv sehen mit unserer eigenen Interpretation. Besonders Wörter wie - schon wieder, immer dasselbe, etc. vermeiden wir beim Beschreiben. Bei der zweiten Aussage beschreiben wir die Realität neutral.
Wenn wir das Verhalten des anderen so objektiv wie möglich beschreiben erhöhen wir die Bereitschaft des anderen zu kooperieren, weil sich dieser nicht angegriffen oder provoziert fühlt.
Anwendung mit Kindern
Wir als Erwachsene sind Sprachvorbilder für unsere Kinder. Wenn wir den Kindern zeigen wie man frei von Bewertungen und frei von Vorurteilen spricht, lernen wir ihnen wie man gewaltfrei miteinander kommuniziert.
Wollen wir die GFK bereits mit Kleinkindern anwenden, so werden wir zu Beginn nur oder überwiegend mit der Beschreibung Ihres Verhaltens arbeiten.
Dies nennt sich auch handlungsbegleitendes Sprechen.
Das heißt, dass wir ihr Verhalten oder unser Verhalten mit Worten begleiten.
Beispiel:
„Ich sehe du bist aufgewacht. Jetzt werden wir dir dein Gewand anziehen. Kannst du mir deinen Socken geben? Den ziehen wir nun über deinen rechten Fuß..."
2. Gefühlslage mitteilen
Um Gefühle auszudrücken, müssen wir zunächst mal wissen, welches Gefühl wir gerade wahrnehmen.
Dies hört sich leichter an als es ist. Denn oft wissen selbst wir Erwachsenen gar nicht so genau wie wir uns gerade fühlen.
Wenn es dir auch so geht, dann nimm dir regelmäßig Zeit in dich hineinzufühlen.
Als erste Orientierung kannst du die fünf Grundgefühle heranziehen:
Wut
Ekel
Freude (Glück, Zufriedenheit)
Angst
Trauer
Diese Grundgefühle sind übrigens weltweit genau die gleichen. Bereits bei Babies kann man diese fünf Gefühle beobachten.
Das heißt, wenn du dir nicht sicher bist, wie du dich gerade fühlst, kannst du zu Beginn diese fünf Grundgefühle als Orientierungshilfe nehmen und schauen was am ehesten zutrifft.
Diese Grundemotionen lassen sich dann wieder weiter differenzieren.
Anwendung mit Kindern
Wir können Kindern helfen ihre eigenen Emotionen erkennen zu lernen, in denen wir ihnen helfen diese zu benennen, wenn sie auftauchen. „Ich sehe du bist gerade wütend, weil dir Tobias das Auto weggenommen hat" oder durch das Benennen unserer eigenen Emotionen "Dass du mir gerade geholfen hast die Spielsachen einzuräumen, hat mich sehr gefreut"
Des Weiteren natürlich auch indem wir die Gefühle anderer Kinder benennen „Isabella ist traurig, weil sie sich verletzt hat."
Vor allem Kinderbücher über Emotionen können hier ebenfalls sehr hilfreich sein. Kinder zeigen in der Regel großes Interesse über Gefühle zu lernen.
3. Bedürfnisse ausdrücken
Die Herangehensweise die Bedürfnisse zu erkennen ist ähnlich wie bei den Gefühlen. Zuerst in sich hineinfühlen und sich ganz ehrlich fragen:
„Was brauche ich eigentlich? Was fehlt mir gerade?"
Leichter gesagt als getan, da einige von uns dies in ihrer Kindheit gar nicht gelernt haben, da sie zum „brav sein" erzogen würden.
Dabei kannst du dir bewusst machen, dass hinter jeder Handlung, die du setzt, in Wahrheit ein Bedürfnis steckt. Wenn du isst, stillst du das Bedürfnis nach Hunger. Wenn du mit jemanden kuschelst, dann stillst du das Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit.
Um das eigentliche Bedürfnis zu erkennen, braucht es Ehrlichkeit mit sich selbst.
Ein kleines Beispiel dazu:
Peter kauft sich ein neues I-Phone.
Das Bedürfnis, dass ihn dazu bewogen hat, könnte sein, dass er sich selber eine Freude machen wollte.
Da sein ganzer Freundeskreis immer mit den neuesten I-Phones ausgestattet ist, könnte das eigentliche Bedürfnis von Peter sein, dass er sich das neue Handy nur aus dem Grund gekauft hat, um sich ihnen zugehörig zu fühlen.
Ebenfalls ganz wichtig zu erwähnen ist, dass die GFK davon ausgeht, dass jede/ jede selbst dafür verantwortlich ist ihre/ seine Bedürfnisse zu stillen.
Wenn ich selber ein hohes Bedürfnis nach Ordnung habe und mein Kind alles herumliegen lässt, dann kann ich es entweder um Hilfe bitten oder ich Stille mein Bedürfnis nach Ordnung selbst, indem ich die Sachen selbst aufräume.
Hier findest du eine Liste von Bedürfnissen.
Anwendung mit Kindern
Genau wie mit den Gefühlen, so ist es auch wichtig den Kindern ihre Bedürfnisse bewusst zu machen und diese zu verbalisieren.
Wenn wir sehen, dass ein Kind müde ist, dann können wir sagen: „Ich sehe du bist müde und du brauchst Schlaf."
Manchmal wird es schwer zu erkennen sein, was das Kind gerade braucht. Wenn dein Kind einen Wutanfall hat, so kann es sein, dass es seinen Plan nicht durchsetzen konnte (Bedürfnis nach Selbstständigkeit) oder hungrig ist (Bedürfnis nach #Essen) oder müde ist (Bedürfnis nach Schlaf) oder einfach nur gesehen werden will (Bedürfnis nach #Aufmerksamkeit).
In dem Fall muss man erst mal schauen welches Bedürfnis hier am ehesten gestillt werden muss und ein bisschen ausprobieren. Mit der Zeit wird es dir aber immer besser gelingen dein Kind richtig einzuschätzen.
In jedem Fall zahlt es sich aber aus das Kind empathisch zu begleiten, denn je öfter wir die Bedürfnisse der Kinder erkennen und stillen können, desto kooperativer werden sie sich im Gegenzug zeigen, wenn es dann um unsere eigenen Bedürfnisse geht.
Oft wollen #Kinder einfach nur gesehen werden und es reicht einfach auszusprechen, was gerade passiert ist. „Ich sehe du hast gerade einen Turm gebaut" oder "Ich sehe du hast eine Verletzung auf deinem Finger".
Auch wenn man gerade im Gespräch mit einer Freundin ist, und das Kind Aufmerksamkeit will, so reicht es oft sich auf Augenhöhe des Kindes zu begeben und ihm zu sagen „Ich sehe du willst mir gerade etwas zeigen. Ich spreche gerade mit meiner Freundin, und kann sie nicht hören, wenn du ebenfalls sprichst. Ich bitte dich nun alleine zu spielen und komme dann zu dir, wenn ich fertig gesprochen habe."
4. Bitte formulieren
Im letzten Schritt formulieren wir eine Bitte an das Kind.
Diese soll positiv formuliert werden und so konkret wie möglich sein. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind kooperieren wird.
Beispiel:
Du willst, dass dein Kind den Müll rausbringt.
Zu ungenau wäre: „Ich bitte dich, dass du auch mal den Müll rausträgst"
So geht's: "Ich bitte dich, wenn du siehst, dass der Mülleimer voll ist, dass du ihn rausträgst"
Anwendung mit Kindern
Wenn wir Kindern vorleben, dass wir respektvoll und wertschätzend um Gefälligkeiten bitten, zeigen wir ihnen eine erfolgreiche Strategie, wie man seine eigene Bedürfnisse erfüllen kann. Diese können Sie in weiterer Folge alleine anwenden, um sich um ihre Bedürfnisse alleine zu kümmern.
GFK führt zu mehr Wohlbefinden
Oft wünschen sich Eltern von ihren Kindern mehr Hilfe und Unterstützung. Dies kann man entweder durch Erzwingen bzw. Manipulation durchsetzen oder man beginnt, damit die Bedürfnisse aller zu hören und zu versuchen diese so gut wie möglich zu erfüllen. Dies wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder von sich aus kooperieren um einiges erhöhen und zu viel mehr Zufriedenheit im Familiensystem führen!
Probiert es aus und teilt uns eure Erfahrungen mit!
Willst du mehr zur GFK erfahren,dann lies den Artikel „Wie dir gewaltfreie Kommunikation helfen kann, dein Leben zu verbessern".
Quellen:
Gelassen durch die Kleinkindzeit: #19 Wir uns gewaltfreie Kommunikation in Konfliktsituationen hilft
Geburt und Schwangerschaft - Die friedliche Geburt: 151- Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern - Interview mit Kathy Weber
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